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CD-Review vom 22.03.2006

a true romance

Ellen Klinghammer: Holly's Songs
Dass es nicht einfach ist etwas Musikalisches zu schaffen, das absolut sein eigenes Wesen hat, ist jedem bekannt. Hier haben wir eine Person, die es dennoch schafft. Mit „Holly’s Songs“ hat Ellen Klinghammer etwas irgendwo zwischen Dresden Dolls und Vanessa Carlton geschaffen und kann auf ihr Werk äußerst stolz sein.

Seit dem 20.02.2006 ist ihr erstes Studio-Album mit den zehn Titeln und dem „Church Mix“ von Empty of you / Empty of me“ für alle die es wollen zugänglich!

Ein aufwühlend gezupftes Cello leitet „About Toys and Souls (and boys in holes)“ ein. Das Klavier und stimmungsvolle Percussion machen den Anfang komplett. Und nur einen Moment lässt die angenehme Stimme von Ellen Klinghammer wunderschöne Laute von sich, die sich im Laufe des Songs als englischsprachige Lyrik herausstellen. Der eher düstere Mittelpart ist von Streicher-Arrangements umrundet. Ein schönes, atmosphärisches Lied.

In „Some Kinda Same Reality“ wird es etwas schmissiger und etwas mehr Dresden Dolls. Mit einer „ich rechne ab“-Attitüde stimmt die Strophe scheinbar kontraproduktiv auf den Refrain mit Trink-Lied-Atmosphäre ein. „What a bad reality…“ lautet die Erkenntnis im späteren abwechslungsreichen Verlauf.

„Safe“ beginnt jazzy und in einer sehr heimeligen Stimmung. Hier ist die Dame also wieder vollends zufrieden und das bringt sie sehr überzeugend auf Platte. Ändert sich natürlich alles wieder komplett zum Gegenteil mit einem zarten „Shit!“. Und die Zufriedenheit, die man zuerst gehört glaubt, geht über in ein nahezu resigniertes Plätschern.

Sympathisch dissonant startet „Mess“ und klagt im 6/4-Takt! Ganz im Gegensatz zur ganz zärtlichen Ellen in „Sundaze“, welches zwar auf Klavier und Stimme reduziert ist, aber trotzdem vollstens ausgestattet ist. Der Song verwandelt sich immer wieder in etwas Neues und bekommt schließlich sein verdientes einminütiges Klavier-Outro.

„Image“ wird durch einen Marsch-Beat angezogen. Die dissonanten Chords erledigen ihren Job. Nur der Keyboard-Chor-Sound nervt etwas. Richtig schön wirken dafür die Drums, die nach der ersten Hälfte es Refrains einsetzen und die schöne Melodie strukturieren.

ellen klinghammer
Der Titel-Track „Holly’s Songs“, wieder nur Klavier und Stimme, zeigt erneut grob den Stil Ellen Klinghammers. Man könnte ihn als einen repräsentativen Song bezeichnen. Durchgehend ideenreich und durchdacht, aber trotzdem sehr emotional und teilweise sogar poppig.

Wer sie gerne auf einem Hip Hop Beat und bei einer Rap-Performance hören will, kann das in „Empty of You / Empty of me“ tun. Der Song ist eingängig und nett aufgebaut. Im Großen und Ganzen und im Vergleich zu dem Rest bleibt er aber eher auf der Strecke. Hier ist der an das Album anschließende Church Remix, größtenteils vom „hm…“-Beat erlöst, viel empfehlenswerter.

„Blue Envelope“ hingegen lässt einen sofort wieder auf irgendein Bild starren, das vor einem gezeichnet wird. Träumerisch bis zur Mitte, und im positiven Sinne unangenehm und nervend ab den einsetzenden Drums. Bis zum Ende gibt es dann ein schönes Gefühlschaos.

„Voltaire“ bleibt anfangs relativ lange monoton und unschuldig. Der Refrain kommt wunderschön überraschend und man versteht erst welche Spannung hier aufgebaut werden musste. Ein …hm … ist liebreizend ein zu ekelhafter Ausdruck? Vielleicht besser ein bezauberndes Liedgut.

„Holly’s Songs“ ist ein sehr erfrischendes Album mit dem stetigen "nicht mit aber auch nicht ohne"-Gefühl zum Inhalt. Man kann es mit ruhigem Gewissen weiterempfehlen und sollte es auch sich selbst nicht entgehen lassen. Ein sehr gelungenes Debut…

Andreas Borowski

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